[Zurück zu HISTORISCHES]

Anmerkungen zur

Schlacht bei Worringen 1288

(Blau markierte "Links" sind hier i.allg. entweder htm- oder pdf- oder jpg-Dateien. Literaturhinweise in Schrägstrichen: /1/)

1) Historischer Hintergrund: Der Limburger Erbfolgestreit entstand nach dem Tode des Herzog Walram V. (bzw. IV.) von Limburg, Bruder des Grafen Adolf IV. von Berg. Walram (19.2.1280+) hinterließ keinen männlichen Nachkommen, seine Tochter Irmgard war mit Graf Reinald I. von Geldern verheiratet. Im mittelalterlich-feudalistischen Lehensystem waren Herrschaft und Besitzansprüche meist eng an Personen gebunden. Die späteren Hauptkontrahenten in der Schlacht bei Worringen, Herzog Johann I. von Brabant und der Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg, hatten hier zunächst keinerlei Ansprüche. Am 17. Dez. 1282 hatten sie sich sogar noch zu gegenseitigem Beistand verpflichtet betreffend ihre jeweiligen Besitzungen zwischen Maas und Rhein (z.T. auch in Westfalen). Da Adolf von Berg seinen Erbanspruch gegen Reinald von Geldern (und weitere Interessenten) kaum durchsetzen konnte, verkaufte er diesen Anspruch am 13. September 1283 an Johann von Brabant. Am 23. Mai 1288 in Falkenburg verkaufte dann Reinald von Geldern seine Limburger Rechte (die ohnehin nur an seine Person gebunden waren) an Heinrich VI. von Luxemburg. Der ist nun Hauptwidersacher des Brabanters, welcher inzwischen die Handelswege zu Land zwischen dem Rhein und Städten wie Brügge und Gent kontrolliert. Dies ist wiederum nicht im Interesse des Kölner Erzbischofs, der gerne auch sein Territorium erweitern möchte und sich durch die Verbindung seines alten Gegners Berg mit Brabant bedroht fühlt. Dazu kommt jetzt noch die Kölner Bürgerschaft. Durch Handel inzwischen reich geworden, wollen sich die Kölner nicht mehr durch den Erzbischof bevormunden lassen. Dessen den Rhein kontrollierende Burg ist ihnen ein besonderes Ärgernis. So belagert dann Johann von Brabant mit seinen Verbündeten und der Kölner Bürgerschaft ab dem 28. Mai 1288 die erzbischöfliche Burg in Worringen, wo dann etwas südlich die große Schlacht stattfindet.

2) Einen kurzen Überblick über das Geschehen rund um die Schlacht erhält man urkundlich durch die Regesten der Erzbischöfe von Köln (REK) /1/ mit vielen Literaturhinweisen. Der Hergang der Schlacht zwischen Johann I. von Brabant einerseits und dem Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg andererseits wird durch einen Teilnehmer auf Brabanter Seite, nämlich Jan van Heelu/2/, in einigem Detail - in Reimform- geschildert (mittelniederländische Sprache, editiert von J. Willems/3/). Eine deutsche Prosa-Übersetzung wurde von Frans Hellegers (24 MB)/4/ im Erinnerungsbuch "Der Name der Freitheit, 1288-1988" des Stadtmuseums Köln (Herausgeber W. Schäfke)/5/ geleistet. Einen weiteren Niederschlag fand das Ereignis in den Brabantschen Yeesten/6/. Eine Vielzahl von Schriften existiert seither zu diesem Ereignis. Im Rückblick auf die Schlacht interessant sind auch der Sühnevertrag vom 19. Mai 1289 und der durch Papst Nikolaus IV. angeordnete Prozess zugunsten des Kölner Erzbistums (siehe REK)/1/ speziell gegen die Stadt Köln, geleitet durch die Erzbischöfe von Mainz (Gerhard II.) und Trier (Boemund I.) am 4. u. 5. Juli 1290. Zu den jüngeren Arbeiten zählen insbesondere die von Franz-Reiner Erkens/7/, Ulrich Lehnart/8/ und Rudolf Straßer/9/. In den detaillierten Analysen setzt Erkens Schwerpunkte bei der historischen und politischen Bedeutung für die Region, Lehnart bei der taktischen Analyse und den genauen Beziehungen zwischen den Schlachtteilnehmern, und Straßer bei der Topographie und der kulturellen Einbeziehung des Rheinumfeldes.

3) Zwischen dem 29. Mai und dem 5. Juni 1288 belagerte Herzog Johann I. von Brabant mit seinen Truppen die Worringer Burg des Kölner Erzbischofs Siegfried von Westerburg. Der hatte seine Truppen teilweise bei Neuss zusammengezogen, war dann aber nach Brauweiler westlich von Köln gezogen, um sich am Montag 7.6. mit weiteren Verbündeten aus Bonn und Andernach zu verstärken, und um am Rhein dann die Belagerer vom Nachschub aus Köln abzuschneiden (siehe unten). Graf Heinrich VI. von Luxemburg bedrängte den Erzbischof allerdings anscheinend so, dass er bereit war am Samstag 5. Juni 1288 loszuschlagen. Die Details der Schlachtaufstellung und des Verlaufs wurden von vielen Autoren beschrieben, die sich im Einzelnen allerdings unterscheiden. Um auf die Unterschiede eingehen zu können scheint es zweckmäßig zu sein, zunächst die Topographie des Schlacht-Umfeldes/10/ zu betrachten.

4) Südlich von Worringen öffnet sich nach dem hufeisenförmigen Bruch, einer alten Rheinschlinge, eine Ebene holozäner Auen-Ablagerungen/11/, im Osten begrenzt durch den Rhein. Im 12. u. 13.Jhdt. floss der ca. 100m weiter westlich als heute, folgte aber dem Damm (Kasseler Berg) zwischen Langel und Worringen [Straßer S.110,111]/9/. Das Worringer Werth, eine Schwemminsel im Strom, war noch im Aufbau. Der Rhein floss also noch zwischen Werth und Worringen, wie in Straßer/9/ [dort Punkt 3] zu sehen ist. Im Westen stieg und steigt bei Fühlingen dann das Gelände auf die weichselzeitliche Niederterrasse an. Westlich von Müngersdorf und Pulheim erfolgt dann der Anstieg auf die Mittelterrassenebene. Das Worringer Bruch liegt mit seinem Westrand knapp 10m über der Ebene (39m Höhe) östlich von Fühlingen, zwischen Neusserstraße und Alte Römerstraße, letztere von Langel nach Worringen verlaufend. Worringen um die Kirche Alt-St.Pankratius liegt mit 43m Höhe hochwasserfester über dem Niveau der Ebene. Von Worringen nach Fühlingen sind es etwa 4,4 km, von Fühlingen nach Langel 2 km.

5) Blickt man von der Neusserstraße zwischen Fühlingen und dem Worringer Bruch nach Westen, dann sieht man den Anstieg der Niederterrasse wellig verlaufen. Diese Terrasse läuft in Süd-Nord-Richtung in drei Zungen aus, zwischen denen noch alte Rinnen erkennbar sind. Seit vorindustrieller Zeit hat sich hieran offenbar wenig geändert, wie man etwa aus dem Vergleich mit der Tranchot-Karte [Nr.5]/10/ um 1800 oder der Preußischen Urkarte um 1840 entnehmen kann. Fühlingen befindet sich noch auf dem Rand der östlichen Zunge, die mittlere Zunge markiert den sog. "Blutberg" (heute Kölner Stadteil Blumenberg). Die westliche Zunge schließt an den höchsten Punktes des Bruchs, ist dort durch den Einschnitt bei Thenhoven begrenzt, durch den der Pletschbach dann nördlich um das Bruch nach Worringen fließt.

6) Die Schlacht bei Worringen war vor allem eine Schlacht der gepanzerten Ritter/6/. Van Heelu singt hier ein Loblied des edlen Rittertums, und dies speziell zu Ehren Brabants. Mittelalterliche Reiterschlachten wurden turniererprobt bevorzugt in ebenem Gelände veranstaltet, worauf Militärhistoriker wie Gustav Köhler/12/ oder Jan F. Verbruggen/13/ hinweisen. Die Ebene zwischen der Neusserstraße und der alten Römerstraße bietet sich hierfür an, auch wenn diese noch von Gräben durchzogen ist. Auch das Niveau der Niederterrasse westlich von Fühlingen könnte für das Schlachtereignis herhalten, wie insbesondere Lehnart/8/ betont. Allerdings ist es nicht leicht einsichtig, warum die Brabanter diese Anhöhe erst erklimmen sollten, da sie den Kölner Erzbischof als Angreifer einfach in der Ebene erwarten konnten. Van Heelu ist dort nicht ganz präzise und lässt für Interpretationen Spielraum, der von den späteren Berichtern über die Schlacht unterschiedlich ausgefüllt wurde. Weiterhin ist bei van Heelu nicht klar, warum der Erzbischof erst das Worringer Bruch umging um von Süden anzugreifen. Dies wird, wie Erkens anmerkt/7/, in dem Chronicon de Marca von Levold von Northof/14/ (nach 1300) erläutert, wonach der Erzbischof zunächst an den Rhein wollte, um Worringen vom Kölner Nachschub abzuschneiden, und dort erst noch am Montag 7. Juni 1288 Kontigente seiner Bonner und Andernacher Hilfstruppen abzuwarten. Nach den Gesta Trevirorum/15,16/ wurde der Erzbischof aber wohl vom Luxemburger Graf Heinrich VI. heftig gedrängt, ("Heu, non debemus hodie propter clericum timorosum praelium inire gloriosum?"/17/) schon am Samstag, 5.Juni, in die Schlacht zu gehen. Und so geschah es dann auch.

7) Bei Lehnart/8/ als exzellentem Kenner der Militärhistorie wird nun sehr überzeugend abgeschätzt, wie sich der bischöfliche Heereszug nach der Morgenmesse in Brauweiler 12km in Richtung Fühlingen in Bewegung setzt. Beginn der Schlacht könnte danach allenfalls gegen 11 Uhr oder später gewesen sein. Das Dorf Fühlingen, welches als "Vulen" ein Jahr nach der Schlacht beurkundet ist (REK 3.2, 19.Mai1289, Nr.3208)/1/, wird von van Heelu nicht erwähnt. Wenn die Schlacht nordöstlich des Dorfes stattgefunden hat, zwischen Neusserstraße und Alte Römerstraße, gibt es für die Erwähnung auch keinen zwingenden Grund. Wenn die Schlacht aber in der Nähe des o.g. Blutbergs stattgefunden hat, ist es doch erstaunlich, dass das Dorf bei Heelu nicht auftaucht. Denn der bischöflich rechte Flügel und somit der Bischof selbst müsste sich direkt am Dorf vorbei auf den linken Flügel der Brabanter, und damit die Kölner Bürger und die Bergischen, gestürzt haben. Letztere hätten dabei mit dem Rücken zur Abbruchkante der Niederterrasse direkt bei Fühlingen gestanden, eine nicht gerade komfortable Ausgangssituation von Fußtruppen gegen gepanzerte Reiter. Auch wenn van Heelu hier ein Loblied auf Brabant singt, und etwaige Fehler in der taktischen Aufstellung hier unterdrücken würde, würde man doch irgendeine Bemerkung zu diesem Dorfe bei van Heelu erwarten.

8) Die Mehrzahl der Historiker (z.B. Holt/18/, Verbruggen/13/, Erkens/7/, Dingemans/5/, Stehkämper/19/) setzt dann auch den Ort der Schlacht/5/ östlich zwischen die Neusserstraße und die Alte Römerstraße. Hätte Lehnart mit seiner späteren Meinung Recht, die Schlacht hätte hauptsächlich westlich der Neusserstraße stattgefunden/8/, so blieben dabei weitere Fragen offen. Lehnarts Hauptargument für seine Meinungsänderung war wie folgt. Van Heelu/3/ schreibt in Zeile 4766ff. dass Johann I. von Brabant auf eine Anhöhe ritt, vor einem Bruch. Nach Hellegers Übersetzung/4/ von Vers 4780ff.: "Hier ist es erhöht und dort eben, Herr, wir halten beide Straßen, es scheint, sie greifen aus diesem Grund nicht an; die Straße hat an beiden Seiten Gräben: Hier wird niemand gegen die anderen reiten, es sei denn, es wäre ein großer Vorteil damit verbunden; denn um zusammentreffen zu können, müssen sich die Trupps umwenden können, daher ziehen sie in Richtung des Rheines." Dies deutet doch sehr stark auf den Zwickel (bei van Heelu: hoec) hin, wo am Bruch die beiden genannten Straßen zusammentreffen. Dort ist in der Tat auch heute noch eine kleine Anhöhe/10/ von ca. 41m gegen 39m in der Ebene. Und auch in der Tranchot-Karte fällt die Versetzung der "Steinstraße" (Alte Römerstraße) auf, um den Anstieg Richtung Nord zu umgehen. Der Wert erscheint gering gegenüber der Höhe von 45m auf dem Blutberg, aber von dort fällt das Gelände in Südrichtung kaum noch um einen Meter ab, das Gelände westlich von Fühlingen/10/ bleibt auf einer Höhe um 44m. (Da 1986 Baubeginn der Siedlung Blumenberg war, darf man davon ausgehen, dass schon wegen der Abwasserleitungen die Höhenangaben dort sehr genau ermittelt wurden). Als Feldherrnhügel, im Hinblick auf eine Kampf-Ausrichtung nach Süden, scheint der Blutberg also nicht besonders ausgezeichnet zu sein. Verweist aber nicht der Name Blutberg klar auf die Schlacht? Für 1487 ist oberhalb von Feldkassel (bei Fühlingen) der Bloemberger Hof erwähnt/20/. Dazu zeigt die Karte von Braun und Hogenberg/21/ im 16. Jhdt. westlich der Neusserstraße einen Galgen. Und Aubin/22/ beschreibt für die Herrlichkeit Worringen (S.261), dass die Nachbarschaft von Worringen schuldig war, das "Gericht", also Galgen und Rad, an der Straße nach Fühlingen aufzurichten. Und schon 1367 wurde im Ackerland von Worringen der Galgen/23/ erwähnt. Da solche "Blutgerichte" zur Abschreckung typischerweise auf Anhöhen erstellt wurden (Galgenberg), stammt der Name Blutberg vermutlich eher vom dortigen Galgen, umso mehr, als dort - entgegen anderer Behauptungen - keine Funde im Zusammenhang mit der Schlacht belegt sind.

9) Nehmen wir also die Karte von Dingemans und Lehnart/5/ aus dem Kölner Buch 1288-1988: Der Name der Freiheit als Grundlage für die weitere Betrachtung. Auch hier ist Kritik angebracht, wie von Lehnart/8/ schon bemerkt wurde. Rudolf Straßer/9/ hat in seiner Untersuchung über die Veränderungen des Rheinstroms in historischer Zeit auch die Gegend zwischen Merkenich und Worringen betrachtet (siehe dazu auch die Wiebeking-Karte von 1796). Da seiner Analyse zufolge das Worringer Werth noch eine Insel war, konnte dort kein Truppenlager aufgeschlagen werden. Der Rhein floss ja auch westlich des Werths (Hafen Worringen). Das Brabanter Lager bei Worringen dürfte daher hauptsächlich nördlich der Burg gelegen haben, was auch mit dem Beginn der Schlacht bei van Heelu zusammenpasst, dass nämlich der Brabanter Herzog zunächst über den Pletschbach setzen musste. Südlich dieses Wassers, also praktisch innerhalb des Bruchs, befand sich dann auch das Lager der Berger und der Kölner. Dies ist entsprechend in einer leicht modifizierten Version der Karte hier gegeben.

10) Der eigentliche Schlachtverlauf (nach Lehnart/8/ ab ca. 11 Uhr) entwickelte sich entgegen den Erwartungen des Erzbischofs und der Luxemburger, mit ihrer Übermacht leichtes Spiel zu haben. Bei van Heelu/3/ lesen wir ab Vers 4437: "Doen dede die hertoge met staden / Sijn heer op breken, ende laden,/ Ende deedse over dwater varen/ Op tfeldt, daer gelogeert waren/ Die vanden Berge, ende die Coelneren;". Herzog Johann I. von Brabant bricht also nach der Messe auf, zieht über das Wasser (Pletschbach) auf das Feld, wo die Berger und Kölner lagerten. Graf von Virneburg wurde wohl mit der taktischen Führung der Streitmacht beauftragt (versienre/24/), da er als Rheinländer mit den Kölnern und Bergern leichter kommunizieren konnte. Wie oben (8) erwähnt, erwartet der Herzog die Feinde an einem Zwickel, wo jene offenbar nicht in breiter Ordnung, sondern eher nur hintereinander gestaffelt, angreifen können. Van Heelu Vers 4768ff: "Sine vianden trecten in enen hoec / Tusschen twee straten, die daer lagen, / Soe dat die ghene moesten wagen / die vore ten anderen souden riden / Want si moesten grachte liden ". Dies spricht eher nicht für die spätere Lehnart'sche Annahme des Kampfplatzes, er geht auf den hoec aber auch nicht ein. Die Breite der Gesamtfront für Zentrum und rechten Flügel wird dabei auf 700m geschätzt, wobei am linken Flügel noch Berg und die Kölner Fußtruppen hinzukämen.

11) Im weiteren Verlauf der Schlacht schlägt der Bischof dann die Kölner und Berger in die Flucht, macht aber eine Kehrtwendung, als der Herzog vehement vorrückt. Dieses Zickzack-Manöver des Bischofs brachte seine eigene Schlachtordnung offenbar völlig in Unordnung. Darauf entspann sich ein heftiger Kampf im Zentrum. Schon etwa um die Mittagszeit soll sich vom linken, Gelderner, Flügel des Bischofs unter Führung des Drosten Reiner Esel ein Trupp auf die Zelte des gegnerischen Lagers gestürzt haben, um zu plündern. Dies scheint eher einen Angriff auf die Zelte im Bruch zu beschreiben direkt hinter der Brabanter Linie (Vers 5331), als einen über 4km langen Weg außen um das Bruch herum auf ein Lager bei Worringen, wobei dort Worringen auch nicht erwähnt ist. Als wider Erwarten der Herzog nicht unterging, wandte der Droste sich offenbar zur Flucht nach Worringen (Heelu, ab Vers 5396): "Nochtan was hi die den voort / Ierstwerf te Woeronc sochte, / Waer men henen vlien mochte, / Daer hi menigen man ontleidde, / Die daer des strijts niet en beidde, / Noch nie slach end sloech". Wäre die Plünderung schon beim Worringer Lager erfolgt, so machte eine anschließende Flucht nach Worringen kaum Sinn, es sei denn, man zählt auch den Raubzug schon zur Flucht. Gegen 13.30 Uhr wurden Graf Heinrich von Luxemburg und seine Brüder getötet, was möglicherweise bereits schlachtentscheidend war. Gegen 15 Uhr rückten dann auf Brabanter Seite die sich wieder gesammelten Kölner und Berger erneut vor, wobei insbesondere die Berger Bauern mit ihren Nagelkeulen die Rüstungen durchschlugen, Freund und Feind kaum unterscheidend. Der Erzbischof wollte sich daher Gottfried, dem Bruder des Herzogs, ergeben, der aber wegen zu vieler toter Leiber nicht an ihn herankäme, und daher den Grafen Adolf V. von Berg bat, den Bischof festzunehmen. Ob dies genau so war oder eine Beschönigung zu Ehren Brabants, lässt sich nicht feststellen. Fakt aber ist, dass der Graf von Berg den Erzbischof umgehend nach Monheim schaffte, um ihn am nächsten Morgen auf Schloss Burg gefangen zu setzen. Die letzte Szene ist in der Originalhandschrift (Abschrift von 1440)/2/ ab Zeile 6122 (Heelu) beschrieben. Ab der Zeile mit der Initiale "D" wird noch der bischöfliche Fahnenwagen erläutert, wahrscheinlich (nach Voltmer/25/) speziell für Fußtruppen ein wichtiges Orientierungszeichen. Dass die Schlacht wahrscheinlich z.T. in sumpfigem Gelände und sehr nahe am Rhein stattgefunden hat, wird vielleicht durch eine Bemerkung in den Gesta Trevirorum/15,16/ gestützt: "Heu miserabile spectaculum! Hic captivatur, ille trucidatur, hic morti addictus spoliatur, ille in Rhenum fugiens suffocatur, in nemore vero paludinoso submerguntur plures, substantiae rapiuntur, fugae a multis capiuntur.".

(Mit der Rijmkroniek des Jan van Heelu/2,3/ haben wir hier sehr wahrscheinlich einen Bericht aus erster Hand. Wie bei anderen Quellen ist es allerdings auch da nicht immer einfach, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden. Die deutsche Prosa-Fassung von Frans Hellegers/4/ erleichtert den Zugang zum Heelu-Text immerhin ganz erheblich).

Quellen:
/1/ Knipping, Richard: Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. III; in: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichstkunde, 1901.
/2/ Jan van Heelu (1288-1294); Handschrift: Rijmkroniek over de slag bij Woeringen 1288; Kopiist: Heinricus van den Damme; Jaar: ca. 1440; Koninklijke Bibliotheek Den Haag, KB: 76 E 23 - fol. 100r.-
/3/ Willems, J.F.: Chronique de Jean van Heelu de la bataille de Woeringen, Academie Royale, Bruxelles 1836. – Digital in Bayerische Staatsbibliothek.
/4/ Hellegers, Frans W.: Übersetzung der Rymkronyk von Jan van Heelu; in: Schäfke, Werner, 1988, S.105f.
/5/ Schäfke, Werner (Herausgeber): Der Name der Freiheit, Handbuch zur Ausstellung des Kölnischen Stadtmuseums in der Josef-Haubrich Kunsthalle in Köln, Stadt Köln 1988.
/6/ Jan van Boendale (1279-ca. 1350): Brabantsche Yeesten: https://belgica.kbr.be ; [ms. IV 684] [boek IV = livre IV].
/7/ Erkens, Franz-Reiner: Siegfried von Westerburg (1274-1297), Rheinisches Archiv Nr.114, Bonn 1982.
/8/ Lehnart, Ulrich: Die Schlacht von Worringen 1288, Trier 1989 und Frankfurt 1994.
/9/ Straßer, Rudolf: Die Veränderungen des Rheinstroms in historischer Zeit, Droste Verlag, Düsseldorf 1992.
/10/ TIM-online: Digital-Karten NRW: https://www.tim-online.nrw.de; - Dort auch: Tranchot-Karte, 1801-1814. - Ebenso: Preußische Urkarte.
/11/ Geologische Karte C 5106; Geologischer Dienst NRW.
/12/ Köhler Gustav: Die Entwicklung des Kriegswesens und der Kriegsführung in der Ritterzeit, Bd.1-3, Breslau 1986-89.
/13/ Verbruggen, Jan Frans: The art of warfare in western Europe during the middle ages, North-Holland publ. 1977.
/14/ Northof, Levold: Chronicon comitum de Marca et Altena, Hanoviae 1613.
/15/ Wyttenbach, Joannes Hugo, und Müller, Michel Franciscus: Gesta Trevirorum integra, Vol. II, 1838. - Siehe hierzu auch: Brower, Christoph, und Masen, Jacob: Antiquitatum et Annalium Trevirensium Libri XV, Tomus I., 1670, S.98.
/16/ Waitz, Georg (ed): Monumenta Germaniae Historica, Scriptorum Tomus XXIV + XXV, 1879.
/17/ Baluze, Etienne (Baluzius Stephanus): Miscellaneorum Liber primus, Collectio Veterum Monumentorum, Paris 1678, S.103.
/18/ Holt, Paul: Die Schlacht von Worringen und die Stadt Köln, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins e.V., 1932.
/19/ Stehkämper, Hugo: Die Stadt Köln und die Schlacht bei Worringen, in: Janssen, Wilhelm und Stehkämper, Hugo (eds): Der Tag bei Worringen 5. Juni 1288, Köln 1988, S.311.
/20/ Joerres, P.: Urkundenbuch des Stifts St. Gereon zu Köln 1893, Nr. 616 von 1487,
/21/ Braun, Georg und Hogenberg, Franz: kolorierte Karte: Descriptio Agri Civitatis Coloniensis, 1604.
/22/ Aubin, Hermann: Die Weistümer der Rheinprovinz; 2. Abt., Band 1, Amt Hülchrath; Bonn 1913; Nachdruck Droste Verlag Düsseldorf 1996. Publikation der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde.
/23/ Janssen, Wilhelm: Die Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter, Bd. VII., Nr.737. Siehe dazu: Kartular AA0006 Kurköln I.,Nr.2 (Landesarchiv NRW): zu REK Bd.VII., Nr.737: siehe S.108,109.
/24/ Nijhof, Is., An.: Gedenkwaardigheden uit de Geschiednis van Gelderland, Arnhem 1833, S. 50.
/25/ Voltmer, Ernst: Standart, Carrocio, Fahnenwagen ... in: Janssen, Wilhelm und Stehkämper, Hugo (eds): Der Tag bei Worringen 5. Juni 1288, Köln 1988, S.187.
Weitere Literatur:
- Butkens, Cristophe: Trophees de Brabant; Livre IV; Lausanne 1637. S. 316 etc.
- Corsten, Severin: Der limburgische Erbfolgekrieg an Maas und Rur, in: Janssen, Wilhelm und Stehkämper, Hugo (eds): Der Tag bei Worringen 5. Juni 1288, Köln 1988, S.211,224.
- Dietmar, Carl: Luxemburg und der Limburger Erbfolgestreit, in: Janssen, Wilhelm und Stehkämper, Hugo (eds): Der Tag bei Worringen 5. Juni 1288, Köln 1988, S.311.
- Salpeteur, Jean: La bataille de Woeringen, in: Bull. de la societe Vervietoise d'archeologie et d'histoire, 51, 1964, S.184.
- Schneider, J.: Die römischen Militärstraßen des linken Rheinufers - a) von Cöln bis Neuss; in: Jahrbücher des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Heft LX. Bonn 1877.
- Wauters, Alphonse G. G.: Le duc Jean Ier et le Brabant sous le règne de ce prince, (1267-1294), S. 158; Brüssel u. Lüttich 1862.

Dank an folgende Personen und Einrichtungen: Herrn Frans Hellegers herzlichen Dank für Publikationserlaubnis zu seiner Übersetzung des Jan-van-Heelu-Textes. Dafür ebenso dem Stadtmuseum Köln, sowie betreffend die Karten aus dem Buch "Der Name der Freiheit 1288-1988. Weiterhin der "Koninklijke Bibliotheek" der Niederlande in Den Haag für den Auszug aus Slag bij Woeringen ms.76E23_100r, Jan van Heelu. Dem Landesarchiv NRW für Auszüge der Original-Akten zu REK VII., nr.737. Dem Historischen Archiv (Digital) der Stadt Köln für mehrfache Unterstützung. Dem Römisch Germanischen Museum Köln (Bodendenkmalpflege) für Unterstützung. Den Historikern Prof. Franz-Reiner Erkens und Dr. Ulrich Lehnart, sowie Herrn Heinrich Tischner, für fachliche Diskussionen. Schließlich gilt Dank dem Heimatarchiv Worringen, Herrn Manfred Schmidt, für vielfältige Unterstützung".

Korrekturen: Für Hinweise und Korrekturen wären wir dankbar, diese bitte per email an: piwipp.boot@web.de mit Betreff: z.Hd. H. Mueller-Krumbhaar.

COPYRIGHT: Bilder sind grundsätzlich geschützt. Im Übrigen sind vollständige Quellenangaben zu verwenden, wie nach die Bedingungen der GNU General Public License:
This is free software: you can redistribute it and/or modify it under the terms of the GNU General Public License as published by the Free Software Foundation, either version 3 of the license or any later version.- This is distributed in the hope that it will be useful, but WITHOUT ANY WARRANTY; without even the implied warranty of MERCHANTABILITY or FITNESS FOR A PARTICULAR PURPOSE. See the GNU General Public License (www.gnu.org/licenses/) for more details.
Update: 4.Dez.2023